|| Theater ||

* Lucifer & Umbria *

___coming soon___

. Schauspiel aus Licht und Schatten .

© Photos Julian Bartels und Eva Meitner.

* Oku und Fantasio (VIP) – Eine fantastische Gartenkomödie *
(Regie und Spiel *2023)

Unser Singspiel Oku und Fantasio (VIP) fand im Rahmen des Themenjahrs 2023 ✧ »Leipzig – Die ganze Stadt als Bühne« statt und wurde zu vier Terminen in vier verschiedenen Stadtteilen Leipzigs zu erleben sein – eingebettet in den ✧ Leipziger Musikgarten, der unter der Leitung von ✧ Juliane Harberg in den vergangenen Jahren zu einer veritablen Leipziger Institution geworden ist und schon so manchen Garten in überraschende Klänge getaucht hat. Das Publikum war herzlich zum Mitmachen eingeladen – aber ohne Zwang, frei wie jeder mochte.

»Okurirasûna! Ganz hübscher Name! Und – man wird ihn sich merken müssen.«

Paul Scheerbart, Revolutionäre Theaterbibliothek (Bd. 1, 77)

Okurirasûna. In der Tat: ein Name, den man sich überhaupt erst einmal merken können muss. Trägerin dieses sonderbaren, fast chiffrehaften Namens ist indes jene »neu erhobene Weltgebieterin«, die Paul Scheerbart in seinem gleichnamigen Stück (abgedruckt 1904) zur Protagonistin einer großen Weltkomödie in fünf Akten macht. An ihrer Seite: Lekafolirâm, abgesetzte und in desparaten Wahnsinn getriebene, ehemalige Weltherrscherin, und Mesmeimônio, die in vorerst unbestimmter Zukunft das Weltgeschick einmal wird lenken müssen. Ungeduldig und voller Innovationsbegierde tritt ›Oku‹ ihre neue Regentschaft an – umgetrieben auch von einem Wissensdrang, der allein vor dem versagt, was sieben Welträte, federführend Graf Abgrund, hinter ihrem Rücken treiben. Ob ihre Herrschaft, die ganze Sterne niederreißen will, nicht bloße Inszenierung ist? Aufgeführt für die Regentinnen selbst und jene Untertanen, die deren Stimme niemals erreichen kann? In Scheerbarts Stück entspinnt sich die Frage, wer hier eigentlich die Fäden in den Händen hält. Und: Ob es besser wäre, wenn es diese oder jene wären? Man wünschte sich in jedem Fall: es bliebe Spiel.
Herrschaft und Spiel, die Befreiung von Zwängen und Kalkül durch das Spiel, ja, die Frage, wer eigentlich mit wem spielt und zu welchem Zweck, stehen im Mittelpunkt auch eines anderen Stückes, das darin geheime Verwandschaft zu Scheerbarts Okurirasûna unterhält: In Ethel Smyths Oper Fantasio von 1898, einer Phantastischen Komödie in zwei Akten, gibt so mancher vor, ein anderer zu sein – all das um der Liebe willen. Die Geschichte dreht sich um den titelgebenden Fantasio, der in Wahrheit ganz anders heißt, und um Danila, Königstochter, die zu ihrem Unglück anderweitig verlobt ist. Ihr wird so einiges vorgemacht, doch gewieft wie sie ist, lässt Danila sich nicht hinter’s Licht führen und sucht nun ihrerseits im Spiel Genugtuung und Rettung. Am Ende drohen alle, über die Beine, die sie einem anderen zu stellen gedachten, zu fallen. – In unserer Gartenkomödie bilden Versatzstücke des Fantasio einen Rahmen, der das Scheerbartsche Geschehen umspielt: Passagen aus Ethel Smyths fantastischer Oper flankieren die Geschichte Okurirasûnas und Fantasio selbst springt aus seinem angestammten Stück heraus, um die Zuschauer vertrauensvoll durch fremde Welten zu geleiten.
Okurirasûna, Fantasio – diese Namen wird man sich tatsächlich merken müssen: sie werfen Fragen auf, die nur das Schauspiel adäquat beantworten kann. Womöglich auch deshalb, weil sie so freimütig und undogmatisch das Spiel im Spiel (im Spiel) suchten, sind diese Stücke so selten aufgeführt worden. Den Vorwurf des Verrückten wird der Biedermann hier stets im Munde führen – zurecht, denn das ›Verrückte‹ Scheerbarts und Smyths rückte das, was in dessen Welt so schief steht, womöglich tatsächlich zurecht.

Kolonnadengarten | Grünau

KulturGut | Schloss Schönefeld

Wiese am Arnoldsplatz | Engelsdorf

GRASSI Museum | Leipzig

* Sehnsucht nach Kong *
(Dramaturgie *2021)

Workshop-Produktion mit Juliane Harberg | Ein getanzter Soloabend für eine Opernsängerin in italienischer und deutscher Sprache


La seconda attesa di Euridice
Monodrama nach Gesualdo Bufalinos
Il ritorno di Euridice (Libretto von Paolo Peretti) für Sopran und Klavier von Biagio Putignano

Ich habe diesen Traum [Uraufführung]
Eingangsmonolog Pearl aus Magdalena Schrefels Ein Berg, viele für Stimme, Flöte, Violine, Cembalo und Elektronik von Beste Özçelebi und eine Mediainstallation von Jessica Arseneau

|| Ein Berg, viele (Magdalena Schrefel) ||

Es ist die Geschichte der jungen Filmemacherin Pearl, die Magdalena Schrefel in ihrem Theaterstück Ein Berg, viele erzählt. Diese Filmemacherin hat einen Traum: Die Bretter, die die Welt bedeuten, zu einem Schiff umzubauen, mit dem sich die Welt bereisen ließe. Wohin diese Reise führen könnte? In zwei Leben, die räumlich und zeitlich denkbar weit auseinander liegen: Hier das Arbeitszimmer des Geographen James Rennell im England des ausgehenden 18. Jahrhunderts, dort der Grenzposten des jungen ›Sandflüchtlings‹ Ismael, der irgendwo an der Westküste Afrikas des 21. Jahrhunderts auf eine Zukunft als Souvenir-Verkäufer in Frankreich hofft. So verschieden sie auch sein mögen – geheimnisvoll miteinander verwoben sind diese Geschichten, die Pearl zu verfilmen bemüht ist, durch jenes Kong-Gebirge, das Rennell auf einer Karte Afrikas einzeichnete, weil er auf diese Weise den eigenartigen Verlauf des Flusses Niger erklären konnte – fälschlicherweise, wie sich später zeigen sollte. Doch während es dieses gigantische Gebirge, das vermeintlich den Norden Afrikas von seinem Süden unüberwindlich trennte, nie gab, gibt es im 21. Jahrhundert ganz andere unüberwindliche Grenzen: Auf keiner Karte sind sie eingezeichnet und vielleicht gerade deshalb so schwer zu überwinden.

Schrefel konfrontiert in ihrem Stück geschickt den anfänglichen Traum ihrer jungen Filmemacherin mit der Realität deren journalistischer und filmischer Arbeit: einer Arbeit, die sich, entgegen des eigenen Traums, von den Klischees eines europäischen Werkelns im ›Elfenbeinturm‹ ebenso wenig freimachen kann wie von den gängigen Bildern eines afrikanischen Flüchtlings. Was Pearls Filme zeigen, ist nicht die ›Realität‹, in die sie sich aufmachen wollte, sondern sind die vielfach gebrochenen und vermittelten Phantasien einer Gesellschaft, die in postkolonialen Debatten ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen sucht.

|| Il ritorno di Eurydice (Gesualdo Bufalino) ||

Nachdem Orpheus jenen verhängnisvollen Blick auf sie zurückgeworfen hatte, musste Eurydike bekanntlich ins Schattenreich des Hades zurückkehren. Zuerst aber wartet sie, wartet auf Charon, damit er sie zum zweiten Mal auf seiner Barke hinüberbringe zu jenem Ufer, von dem es – eigentlich – keine Rückkehr gibt. Doch Eurydike ist zurückkehrt, wenn auch nur für einen Moment und wenn auch nur in eine Zwischenwelt, die weder Diesseits noch Jenseits ist. In dieser Zwischenwelt, in dieser Zwischenzeit des Wartens, zeigt Gesualdo Bufalino dem Leser seine Eurydike. Die Zeit des Wartens wird ihr zugleich zu einer Zeit des Nachdenkens, des eigenen Zurückschauens: Wütend auf Orpheus, der ihr das neue Leben verbaut hat, erinnert sie sich ihrer Vergangenheit mit diesem großen Dichter- und Liederfürsten. Liebe war da, aber auch Einsamkeit, Trostlosigkeit. Doch mehr als solche Erinnerung quält Eurydike ein Schmerz, eine Frage, die sich erst ganz am Schluss ganz Bahn brechen kann: Warum hat Orpheus sich umgedreht? Vielleicht wäre es besser gewesen, auch Eurydike hätte nicht den Blick zurückgeworfen – denn was sie in ihrer Rückschau erblickt, ist ungeheuerlich. Anders als Becketts Godot aber wird Charon schließlich kommen und Eurydikes Warten hat ein Ende – womöglich ist das das Gnädigste.