|| Über mich ||

Theorie oder Praxis? Müsste ich diese Frage zugunsten einer der beiden Alternativen entscheiden, so könnte und wollte ich es nicht. Denn beide sind für mich nicht Alternativen, die einander unversöhnlich gegenüberstehen, ich begreife sie vielmehr als engstens miteinander verschwistert. Wohl sind sie unterschiedliche Herangehensweisen, aber doch Herangehensweisen an das Nämliche. Literatur und Theater, lebendiges Wort und lebendige, leibhaftige Mitteilung sind dasjenige, dem meine Neigung gilt, und ich widme mich ihnen darum sowohl wissenschaftlich wie auch künstlerisch.
Literatur und Theater, auch wo sie nicht zeitgenössisch sind, haben eine lebendige Stimme, die es gilt, zu ›Gehör‹ zu bringen – die ›voces paginarum‹ beredt werden zu lassen und mit ihnen ins Gespräch zu treten, ist Anliegen meines wissenschaftlichen Arbeitens. Meine eigenen Wahrnehmungen, Erfahrungen und Intuitionen sprechen zu machen und sie in dichterischen und schauspielerischen Formen zu objektivieren, so dass sie ihrerseits in Austausch treten können, ist das, was meine künstlerische Arbeit trägt. Beides mag in Projekten zusammentreten. Nicht Theorie oder Praxis kann es darum heißen, sondern Theorie und Praxis.

|| Kurzvita ||

In Kindheit und Jugend hat es mich an verschiedene Orte verschlagen: Geboren 1989 am Niederrhein, habe ich die ersten Kinderjahre in Mönchengladbach verbracht, später im Emsland gelebt, noch später in Ostfriesland. Von Kindesbeinen auf an hat mich dabei eine unbändige Lust an Literatur und Lesen, am Theater, Verkleiden und Schauspielen, an Sprache und am Gestalten umgetrieben und es ist daher nicht eigentlich erstaunlich, wenn diese Leidenschaften mich ab 2008 zum Studium der Literatur- und der Theaterwissenschaft bewegt haben. Während meiner Studienjahre in Leipzig und Paris, ermöglicht auch durch eine Förderung der Studienstiftung des Deutschen Volkes, hatte ich Gelegenheit, verschiedenentlich Theatererfahrungen zu sammeln: In eigenen schauspielerischen Versuchen oder durch Tätigkeiten an Schauspielinstitutionen wie etwa dem Figurentheater Westflügel oder dem Théâtre National de la Colline und dem Théâtre du Soleil in Paris. Auch die ersten schriftstellerischen Versuche fallen in die Zeit der Studienjahre. Nach Abschluss des Doppelstudiums habe ich begonnen, mich meinem Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel Erzählen als Gerechtigkeit. Walter Benjamins Idee des Erzählens zu widmen, unterstützt durch eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Leipzig. Der Austausch mit den Studierenden in den Seminaren war für mich dabei ein großer Gewinn, ebenso wie mit den Studierenden des Schauspiels an der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, die ich vertretungsweise im Bereich der Theatergeschichte unterrichten durfte (mehr zum wissenschaftlichen Profil siehe hier).

Welcher Literatur, welchem Schauspiel, welchen Theorien ich mich besonders zugeneigt fühle, lässt sich kaum zusammenfassen, darunter wären aber ohne Zweifel: Die Literatur des Barock, der Frühromantik und der Klassischen Moderne, das komödiantische Schauspiel in seinen verschiedenen Spielarten von Aristophanes über Shakespeare bis Kurz-Bernardon und Nestroy, Erzählformen mit doppelten Böden wie in Grimmelshausens Texten oder mit komplexen Erzählstrukturen wie in Tausendundeinernacht, bei Ludwig Tieck, E.T.A Hoffmann oder Franz Kafka, es wären darunter Märchen und schließlich die Kritische Theorie sowie die Psychoanalytische Theorie. Aus all dem speist sich, womit ich mich wissenschaftlich beschäftige – in Forschungen und Lehrveranstaltungen, bei Vorträgen und in Veröffentlichungen und auch meine Dissertation greift diese Fluchtlinien auf. Dass ich ausgerechnet zu Benjamins Idee des Erzählens ein Buch verfasse, ist der tiefen Verwandtschaft geschuldet, die ich mit seinem Erzählbegriff empfinde: Das Erzählen gilt Benjamin als eine besondere Fähigkeit – eine Fähigkeit feinfühliger Aufmerksamkeit, aber auch eine Fähigkeit, verhärtete Strukturen aufzusprengen und dem solcherart Freigewordenen Hoffnung abzugewinnen. Anlass, Verhärtetes und Festgeschriebenes, das Leben Versteinerndes aufzusprengen, gibt es denn, leider, mehr als reichlich.